Freie Wähler Ennepetal (FWE) im Rat der Stadt Ennepetal stimmen dem Haushalt 2023 nicht zu.
Hier finden Sie die ausführliche Haushaltsrede von Rolf-Dieter Hüttebräuker.

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin
meine Damen und Herren der Verwaltung
verehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates
und verehrte Bürgerinnen und Bürger auf der Zuschauertribüne

Oder muss / soll ich Gendern?

Dann fange ich noch mal an:

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin
meine Damen und Herren der Verwaltung
verehrte Kolleg * innen des Rates
und – verehrte Bürger * innen auf der Zuschauertribüne

Meine Damen und Herren, dass sind Probleme!

Ich bleibe nachfolgend bei meiner seit über 70 Jahren geübten Praxis.

Zunächst spricht die Fraktion „Freie Wähler Ennepetal“ an dieser Stelle ihren Dank aus an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Verwaltung sowie dem Kämmerer und seinem Team für die geleistete Arbeit im abgelaufenen Jahr und bis heute.

Gleiches gilt auch für alle verantwortlichen der Ennepetaler Politik, hier jedoch mit Einschränkungen aufgrund der Ergebnisse.

Wir verabschieden heute den Haushalt 2023.
Der Entwurf wurde im November 2022 eingebracht, die Beratungen erfolgten von Januar bis zum Hauptausschuss letzte Woche Dienstag.
Und das ohne Zeitdruck wie sonst in der Vorweihnachtszeit und ohne dass die Verwaltung durch diese Vorgehensweise untergegangen wäre.

In früheren Jahren zu Zeiten von Kämmerer Wenke war das immer so und am 11.02.2021 für 2021 auch. Es geht also doch und die Verwaltung kann nach unserer Auffassung im Zuge der vorläufigen Haushaltsführung sogar Geld sparen.

Damit komme ich zu den heute vorliegenden und durch Änderungen erzeugten Inhalten, denen der Hauptausschuss am 28.02.2023 mit den Stimmen der großen Koalition aus CDU / SPD / Grünen zugestimmt hat.

Dabei insbesondere auf die Erhöhungen bei Gewerbe- und Grundsteuer.

Die Mehrheitsfraktionen haben trotz der vom Kämmerer angekündigten Probleme in den Folgejahren z. B. Erhöhung der Zinslasten 2023 = 1 Mill. in 2026 = 7 Mill. keine Einsparungen vornehmen wollen.

Bei der Abstimmung im Hauptausschuss hat Kurt Bienert für B90/Grüne gesagt:
„Der Erhöhung in 2023 ist harmlos, ob das haltbar ist in 2024 ist nicht anzunehmen – das glauben wir nicht“

Wenn das so ist, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, warum erfolgen dann keine Einsparungen?

In seiner Rede zur Einbringung des Haushaltsentwurfs hat unser Kämmerer explizit auf die Ausgabenseite hingewiesen.

Aus den eingepreisten und im einzelnen durchaus sinnvollen und nachvollziehbaren Vorhaben können hier können beispielhaft genannt werden:
Veranstaltungszentrum Hesterberg 2023 – 5,50 Mill.
HINWEIS 2024 – 5,00 Mill.
Spiel- und Sportpark Vilvoorder Str.  2023 – 0,53 Mill.
SoDa Gebäude 2023 – 3,60 Mill.
Sekundarschule 2023 – 4,55 Mill.
GS Voerde 2023 – 2,05 Mill.
KiGas + KiTas – Erhebliche Summen

All diese investiven Ausgaben erzeugen in Folgejahren erhebliche Kosten für Abschreibung und Zinsen im Haushalt, welche nur durch weitere Steuererhöhungen zu stemmen sind.

Im Einzelnen:
Zu 1:  Veranstaltungszentrum
Hier haben wir uns enthalten, da wir das Veranstaltungszentrum in der Variante 1 für sinnvoll und zielführend halten, jedoch aufgrund der hohen Kosten eine Verschiebung in die Jahre ab 2025 befürworten würden.

Zu 2: Spiel- und Sportpark
Ist bereits wieder Kommunalwahl und werden Geschenke verteilt?
Die Bevölkerung wurde zur Mitarbeit bei der Gestaltung aufgerufen und nahm diese Gelegenheit sehr zu unserer Freude auch gerne war.
Es wurden Wünsche geweckt und Vorschläge erarbeitet, die in unserer Verwaltung weiterverfolgt wurden.
Keiner aus Verwaltung und Politik war jedoch bei der Bürgerbeteiligung bereit, ein Stoppschild wegen der ausufernden Kosten aufzustellen.

Originalton Heymann / CDU im Hauptausschuss dazu:
Wir setzen mal eben 400 TEUR mehr dafür ein wohl wissend, dass wir nicht alle Wünsche zu erfüllen können“

Frei nach dem Motto:
Wer will noch mal, wer hat noch nicht, wir haben doch genug Geld

Bürgerinnen und Bürger könnten ja verärgert reagieren.
Nun werden diese die Kosten durch höhere Steuern bezahlen müssen.
Es wäre auch möglich gewesen, den Betrag wegen der problematischen Haushaltslage wie vorgegeben bei 130 TEUR zu belassen und Abstriche bei der Ausführung hinzunehmen.

Zu 3: SoDa Gebäude
Das SoDa Gebäude ist das ehemalige Bahnhofsgebäude und heißt so, weil es einfach So Da steht.
Es stehen nun 3,6 Mill. EUR in 2023 im Haushalt für ein Gebäude, von dem keiner weiß, wie Nutzung und Amortisation aussehen könnten.

Die Überdachung ist darin ebenso noch nicht enthalten wie bereits bisher ausgegebene Gelder, welche die Gesamtausgaben für dieses Gebäude auf geschätzt mindesten 5 Mill. hochschrauben werden.

Unsere Bürgermeisterin hat beim SIHK Wirtschaftsgespräch am 13.02.20213 vor Unternehmern im Originalton gesagt:
 „Ich will das Bahnhofs (SoDa) Gebäude eigentlich nicht haben.“

Wir hatten beantragt, das Gebäude aus dem Denkmalschutz zu nehmen. Es wäre der Versuch gewesen, dem Steuerzahler die nun zu finanzierenden Ausgaben zu ersparen.

Unser Antrag wurde von der Mehrheit mit der Begründung abgelehnt:  Originalton Rauleff / SPD:
„Dann müssten wir auf beantragte Fördergelder verzichten und würden deshalb in Düsseldorf ausgelacht.“

Meine Damen und Herren:
Nun müssen wir aber lachen, da Fördergelder in Höhe von sage und schreibe 279 TEUR zurück kommen sollen. Das sind gerade mal 8,2 %.

Das ist in diesem Fall leider Demokratie.

Mit den ersparen Geldern hätte z. B. eine Sportanlage für geschätzte 430 TEUR unter einer Förderung von max. 90% errichtet werden können, um einen Verein mit seit Jahrzehnten hervorragender Jugendarbeit und einer aufstrebenden Mannschaft in der Bundesliga eine Zukunft zu bieten.

Meine Aussage dazu in der Haushaltsrede vom 25.11.2021:
„Zitat Kollege Steinbrink bei den Etatberatungen im Hauptausschuss:“
„Auch 430 TEUR haben wir nicht“
Eventuell kann er sich daran erinnern.

Wie sagte doch unsere Bürgermeisterin bei der Sportlerehrung am letzten Sonntag:
„Wir werden den Sport in Ennepetal immer unterstützen ! !“

Der aufgrund dieser Tatsache jetzt bei einem Düsseldorfer Verein hochklassig spielende geehrte Ennepetaler Sportler des Jahres 2023 wird sich sein Teil gedacht haben.

Im politischen Raum war bei der damaligen Abstimmung im Sportausschuss  jedenfalls von dieser Aussage nichts zu merken.
Der Verein war danach am Boden und ist fast kollabiert.

Zu 4 – 6: GS Voerde + Sekundarschule + KiGas + KiTas
Für Schulen werden in den kommenden Jahren enorme Kosten auf uns zukommen.
Das gilt ebenso für Kindergärten, wo bereits hohe Summen investiert wurden.
Ursache sind unter anderem durch Kriege erzeugte Flüchtlings-/Asylbewerber Aufkommen, welche untergebracht, deren Kinder Plätze in Kindergärten beanspruchen können und anschließend beschult werden müssen.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, jeder Hilfesuchende aus Kriegs- und Krisengebieten ist willkommen und wird aufgenommen.
Wir sind ein humanitäres und reiches Land und können uns diese Kosten zu mindestens bis jetzt noch leisten.

Frage ist jedoch wie lange noch und spielt die Bevölkerung solang mit.

Unternehmer beim Wirtschaftsgespräch haben gut ausgebildete Schulabgängerinnen und Schulabgänger angemahnt, welche möglicherweise durch dieses Mehr an Zuzug in der Zukunft verfügbar sein könnten.

Dazu bedarf es jedoch einer guten Schullandschaft mit entsprechenden Lehrkräften.

Leider ist absehbar, dass unser Schulkonzept durch die Menge der ankommenden Personen / Kinder bereits jetzt schon überholt ist.

Zudem hätten wir bei der Sekundarschule als Standort Voerde Nord gewünscht, der nach unserer Auffassung für die Altersklasse besser erreichbar gewesen wäre.

Die neue Grundschule hätten wir an den Standort heutige Sekundarschule verortet, da diese für Kinder und Eltern aus unserer Sicht im Zentrum besser erreichbar wäre als außerhalb in Voerde Nord.

Der Schulausschuss hat den Vorschlag mit Mehrheit abgelehnt.

Im Nachgang ist der Verwaltung nun aufgefallen, dass auf das angedachte Grundstück in Voerde Nord kein Zugriff besteht.

Neuer Standort könnte nun am Ende der Rollmannstr. und damit nach unserer Auffassung noch weiter außerhalb sein.

Beim Neu- / Umbau der Sekundarschule würden wir uns eine aus unserer Sicht bessere Schulform wünschen und die Umwidmung zur Gesamtschule befürworten.

Dies hatten wir im Schulausschuss ebenfalls angesprochen, jedoch keine positive Resonanz bekommen.

Damit wäre das Problem Beschulung in der Realschule Gevelsberg möglicherweise erledigt.
Was spricht eigentlich dagegen?
Sollte Arnsberg dagegen sein, stellt sich die Frage warum?
Sachliche Argumente können das nicht sein.
Gesamtschule wäre unsere Chance, eine zukunftssichere und mit modernem Schulkonzept ausgestattete Schulform zu erhalten.
So würden die Kosten vertretbar sein und Sinn machen.
Aber scheinbar denken alle nur von A bis B, keiner bis Z.

Wir diskutieren zur Zeit, möglicherweise einen entsprechenden Antrag zu stellen.

Nochmal zu den Kosten:
Hier sehen wir Bund und Land in der Pflicht,    Kommunen mit entsprechenden Finanzmitteln auszustatten.

Es kann nicht sein, ein Gesetz zu verabschieden mit einklagbarem Anspruch auf einen Kindergartenplatz und die Kommunen dann bei der Umsetzung im Regen stehen zu lassen.

Frei nach dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht Nass

Gleiches gilt für die gesetzliche Aufgabe der Beschulung und aufgrund der Zuzüge erforderliche Um- und Neubauten zur Errichtung aller dazu benötigten Klassen.

Resümee:
Die eingepreisten Investitionen können mit großer Wahrscheinlichkeit in diesem Jahr nicht begonnen bzw. umgesetzt werden.

Etliche Investitionen aus den vergangenen Jahren sind aus unterschiedlichen Gründen noch nicht angefangen bzw. beendet und werden geschoben.

Daher wären Streichen oder Verschieben von Investitionen, so sinnvoll und ansprechend sie auch sein mögen aus unserer Sicht durchaus möglich.

Um alle diese Ausgaben zu stemmen, bleibt letztlich nur die Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer.

Das gilt nach unserer Auffassung insbesondere für die kommenden Jahre, von denen unser Kämmerer bei heute zu beschließender Umsetzung der Maßnahme NB GS Voerde und Um-/Neubau Sekundarschule eine Erhöhung der Grundsteuer bis 2028 auf 1436 Punkte prognostiziert hat.

Der vorliegende Haushalt 2023 kann nur ausgeglichen werden, weil eine Rückstellung Kreisumlage in Höhe von 3 Mill. aufgelöst werden konnte und die Kreisumlage in der Höhe geringer ausfällt.

Das ist jeweils ein einmaliger und nicht wiederholbarer Vorgang.

Die Mehrheitsfraktionen haben sich im Hauptausschuss nach kurzer Beratung auf eine Erhöhung der Grundsteuer um 50 Punkte und der Gewerbesteuer um 4 Punkte geeignet und diese mit der Aussage verkauft:
„Diese Erhöhung ist zumutbar“

Kämmerer Strathmann hat mitgeteilt, dass der Hebesatz bei der Grundsteuer 0,70 EUR je Haushalt und Punkt ausmacht. Das sind 35 EUR je Haushalt bei der vorgeschlagenen Erhöhung.

Nochmal Originalton Heymann / CDU im Hauptausschuss dazu:
„Bürgerinnen und Bürger werden ja durch die Erlassung der Entwässerungsgebühren entlastet “
und zur Berichtigung nachgeschoben:
„Durch angedachte 93 Punkte Erhöhung bleiben bei Abzug der beschlossenen 50 Punkte tatsächlich die rechnerische Ersparnis von 43 Punkten“

Die lokale Presse schreibt dazu am 02.03.2023 einen Kommentar mit der Überschrift: Etwas schlitzohrig
Andere würden sagen: Der will uns vereimern.

Diese Aussage trifft nur zu, wenn die durch den Ruhrverband erhobenen Gebühren gegenüber der von Ennepetal erhobenen je m³ entsprechend geringer ausfallen. Schauen wir mal.

Richtiger wäre die Verringerung der Ausgaben zum Ausgleich des unrechtmäßig erhaltenen Gewinns aus der Gebührenrechnung.

Merke: Gebührenhaushalte dürfen keinen Gewinn erwirtschaften

Bei Ratsmitgliedern mit Familieneinkommen über 10 TEUR im Monat ist diese Erhöhung jedoch tatsächlich zumutbar.

Meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen:
Das sind Gelder, welche Bürgerinnen und Bürgern – und auch Ratsmitgliedern – in der heutigen Situation bei ausufernden Kosten an allen Ecken und Enden des täglichen Bedarfs nicht noch zusätzlich aufgebürdet werden können.

Wie sagte doch Kollege Rauleff im Hauptausschuss bei der Abstimmung zum Veranstaltungszentrum aufgrund unserer Ablehnung:
„Wir müssen Bürgerinnen und Bürgern auch etwas zurückgeben“

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen: Wo er Recht hat, hat er Recht.

Unser Vorschlag dazu: Nicht unbedingt Ernst, sondern ironisch gemeint
Überdachung SoDa Gebäude zum Tafelladen Voerde, damit die Bürgerinnen und Bürger, die sich 35 EUR nicht leisten können, in der immer länger werden Warteschlange wenigstens im trockenen stehen können.

Die Erhöhung der Gewerbesteuer ist moderat und nachvollziehbar, auch wenn die Bezahlung entgegen der Meinung des Kollegen Rauleff nicht aus der Portokasse kommt.

Gleichwohl sind zur Erfüllung der Unternehmerwünsche Infrastruktur und Fachkräfte auch Gelder bereit zu stellen, hier durch die zu beschließende Erhöhung Gewerbesteuer.
Für den Rat bedeutet das immer die Quadratur des Kreises.

Für die kommenden Haushalte sehen wir heute bereits rot wegen der Defizite in der Hoffnung, das möglichst nur hell rosa rauskommt.

Zu guter Letzt:
Wenn die Mehrheitsfraktionen so viel Geld ausgeben, warum wird dann unser Antrag zur Aufstellung eines Bienenfutterautomaten abgelehnt?
Kosten ca. 500 EUR + Aufwand ab und an zum befüllen.

Aus den angesprochenen Gründen und dem Unwillen der Ratsmehrheit zu sparsamer Haushaltsführung können und werden wir dem vorgelegten Zahlenwerk für 2023 nicht zustimmen.

Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit.